Carsten Stahl hat eine klare Botschaft für die Realschüler aus Kuppenheim: Er ist einer von ihnen, denn er kennt beide Seiten. Als Krimineller war er Täter, doch er war auch Opfer – Opfer von Mobbing, wie es auch an der Werner-von-Siemens-Realschule Kuppenheim vorkommt. Und mit seiner klaren Ansprache im Anti-Mobbing-Seminar am Dienstagmorgen dringt Stahl durch zu den Jugendlichen, von denen viele ihn als Hauptdarsteller aus den Wiederholungen der RTL2-Doku-Soap „Privatdetektive im Einsatz“ kennen.
Geschlagen, beleidigt, erniedrigt wurde auch der damals zehnjährige Junge aus Berlin, von dem Stahl erzählt. Fünf Jugendliche hatten den pummeligen Jungen mit den roten Haaren und Sommersprossen immer wieder malträtiert, bis der sich nicht mal mehr in die Schule traute. Eine neuerliche Begegnung endet für den Zehnjährigen dramatisch: Hinabgeschubst in eine tiefe Baugrube, mit Prellung und einer gebrochenen Rippe, vollgepinkelt von den Angreifern, lag er dort in der Dunkelheit und Kälte und rief dennoch nicht um Hilfe. Er wollte nicht mehr weiterleben, wollte endlich Ruhe haben.
Dieser Junge war Carsten Stahl! Vor 35 Jahren war er das Opfer von Mobbing. Dass er später selbst zum Täter wurde, fast zwei Jahrzehnte als Krimineller unterwegs war, gar als „Pate von Neukölln“ galt, ist heute für ihn ebenso Teil seiner Vergangenheit wie die 289 Folgen als Privatdetektiv im Privatfernsehen. Als junger Vater brach er mit der Unterwelt, und als sein Sohn zwei Tage nach der Einschulung selbst zum Mobbing-Opfer wurde, verschrieb er sich dem Kampf gegen die verbale und körperliche Gewalt – und hat darüber bis heute bundesweit vor mehr als 40.000 Schülern gesprochen.
Seine Botschaften hämmert der Personenschützer und Kampfsportler wie mit einem Presslufthammer ins Publikum. Das Mikrofon nutzt Stahl selten, er schreit mehr, als er redet. „Mobbing ist ein Geschwür unserer Schulen, unsere Gesellschaft verroht. Das ist ein Teufelskreis der Beleidigungen, der Erniedrigungen.“ Kein Kind könne lernen, „wenn es mit Angst in der Schule sitzt“. Und: „Jeder Lehrer, der sagt, es gebe an seiner Schule kein Mobbing, der lügt.“ Jeden zweiten Tag bringe sich in Deutschland ein Kind wegen Mobbings um, jede Woche gäbe es eine halbe Million Mobbing-Fälle.
Stahl spricht Klartext und die Schüler dürfen es auch: Übelste Schimpfwörter fliegen durch den Raum, als Stahl die Kuppenheim Schüler danach fragt. Die haben ihren Spaß dabei, doch der vergeht den Jugendlichen schnell, als der Coach ihnen den Schutz der Gruppe nimmt. Stahl spricht Einzelne an, fragt, ob sie selbst „Hurensohn“ oder „Schlampe“ genannt werden wollen – wollen sie nicht. Und so wird aus dem unterhaltsamen Treffen mit einem TV-Promi eine ernste Angelegenheit, bei der mancher Schüler letztlich sogar Tränen vergießt.
Durch die Erlebnisse des Vormittags aufgewühlt, ist es jetzt Aufgabe des Lehrerkollegiums, die Schüler emotional aufzufangen und das am Ende gemeinschaftlich skandierte „Stoppt Mobbing!“ in den Schulalltag zu übertragen. Als äußerliches Zeichen hängt die Selbstverpflichtung der Schüler gemeinsam gegen Mobbing eizustehen für alle präsent in der Aula.
Ermöglicht hat den Anti-Mobbing-Tag Dr. Norbert Stache, der sich als Vertreter des Massivhaus-Bauers Heinz-von-Heiden schon mehrfach für die Belange der Realschule Kuppenheim engagiert hat. Der Bürgermeister der Stadt Kuppenheim, Herr Karsten Mußler und der Schulleiter Herr Haller bedankten sich zu Beginn der Veranstaltung bei Carsten Stahl für sein Kommen und bei Herrn Dr. Stache, die Veranstaltung überhaupt ermöglicht zu haben.
Text: J.Haller
Quelle: www.camp-stahl.de